Regattabericht – sehr wahrheitsbezogen – aus der Sicht des Siegerbootes
Endlich da. Das sehnsüchtig herbeigefieberte Regattawochenende! Im sportlichen Wettkampf galt es das schnellste Boot in unserem ehrwürdigen ASVzH zu ermitteln. Professionell, hoch kompetent und bestens vorbereitet für alle Eventualitäten eines solch anspruchsvollen Wettkampfes konnte die Wettkampfleitung die Besatzungen von 10 Booten zum „Briefing“ begrüßen.
Zum Start gemeldet hatten sich die Boote:
- Manana mit Andree, Hartwig, Theo, Ola, Jonas, Selma und x
- Sparschwein – ohne Besatzung
- Oklü mit Irina und Dimi
- NZ mit Niklas und Alex
- Gin mit Sarah
- Tonic mit Lena
- Rock’n Roll mit Henning und Ksenia
- San San mit Werner, Kirsten und Phil
- Opti – ohne Besatzung
- Kranich mit Eberhard und Matthias
Zum Wettkampfgeschehen:
Bei einer sehr diffusen Wetterlage, der Ostwind blies konstant mit 0,3 bis 0,4 Beaufort, begab sich das Regattafeld zu dem klassisch ausgelegten olympischen Dreieckskurs. Dass es sich bei einem der Top-Jahresereignisse, wenn nicht sogar dem Jahresereigniss des ASVzH, der Vereinsregatta 2017, um ein besonderes Ereignis handeln würde, kam dem Autor dieser Zeilen letztlich in dem Augenblick zu Bewusstsein, als die Crew vom Boot „Rock ’n‘ Roll“ ins Wasser sprang, um ihr Sportgerät zur Startlinie zu schieben. Dennoch, unter Nichtkenntniss der örtlichen Strömungs- und Windverhältnisse (dazu später detaillierte Aussagen) erwischte das Boot mit seinem, in nahezu allen Wettkämpfen ungeschlagenen Skipper Henning, eine ausgesprochen ungünstige Startposition. Der Skipper hatte wohl auf das “ falsch Pferd“, sprich Boot, gesetzt. Nach zeitlichem Ablauf des vorgeschriebenen Startrituals und dem schließlich alles erlösenden Startsignal stürmte das Regattafeld über die Startlinie. Der „fight“ war eröffnet. Sein Ausgang zu diesem Zeitpunkt noch vollkommen ungewiss. Jedoch, wie bei allen Regatten, trennte sich sehr bald die „Spreu vom Weizen“. Letztlich immer wieder erstaunlich, so reicht, um am Ende auf dem Treppchen zu stehen, doch nicht allein die Verbissenheit und der Kampfeswille von Boot und Crew, nein, auch die jahrelange Regattaerfahrung ebnet letztlich doch den Weg zu den höchsten Ehren – dem Olymp! Ist dem Sieger auch noch Fortuna hold, so ist er nahezu nicht zu bezwingen.
Das auseinander gezogene Regattafeld stürmte zur ersten Wendemarke. Die beiden Gleitjollen Gin und Tonic mit den „Newcomern“ Lena und Sarah bildeten mittlerweile das Schlusslicht. Was letztlich auch kein Wunder war. Es gehört schon eine ganze Menge Mut dazu, sich mit solch schwerfälligen Schiffen zu einem Rennen zu melden. Hochachtung und Lobgesang gebührt den beiden Skipperinnen. Das Rennen kam in die erste entscheidende Phase. Im Bereich der ersten Wendetonne spitze sich die Situation dramatisch zu. Der Wind hatte zeitweise auf 0,6 bis 0,8 Beaufort aufgefrischt, als es vom Boot Manana wie aus tausend Kehlen klang: „Gebt uns Raum, wir rasen in das Naturschutzgebiet“! Für eine rechtzeitige Wende auf diesem bedauernswerten Schiff war es mittlerweile zu spät. Das Boot San San lag sehr nah achteraus, und es hatte Wegerecht. Der überaus erfahrene und in vielen Regatten erfolgreiche Skipper Andree hatte die Zeichen der Strömungen und der besonderen Windverhältnisse auf dem Steinhuder Meer zu spät erkannt, und mit dieser Fehleinschätzungen sich letztlich – auch unter der Nichtkenntnis von den verborgenen Potentialen des Bootes San San – in diese ausgesprochen prekäre Lage gebracht. In dem Augenblick, als die aussichtslose Lage erkannt wurde, brach auf Manana das pure Chaos aus. Die Crew schrie unartikuliert durcheinander, angestammte Plätze wurden verlassen, alles lief ziellos durcheinander. Selbst der Skipper Andree raste mit panisch aufgerissenen Augen zum Bug. Wer steuerte eigentlich zu diesem Zeitpunkt das Boot?
Die Kollision schien unausweichlich. Schwimmwesten und Lifebelts wurden zurechtgerückt, die komplette Bootsaufgabe von Manana schien unausweichlich. Letztlich nur dem besonnen Handeln von Skipper und Crew des Bootes San San war es zu verdanken, dass die „breaking news“ an diesem Wochenende um eine Katastrophenmeldung kürzer ausfielen. Der Skipper der San San musste ad hoc entscheiden welches Rechtsgut „Verletzung von Naturschutzgebieten“ versus „Wegerecht“ höher einzuschätzen sei. Die Katastrophe konnte nur dadurch verhindert werden, dass das Boot San San zum Boot Manana aufschloss, sodass dem Skipper der Manana die Möglichkeit geboten wurde zu handeln. Was er auch letztlich in Anspruch nahm, indem er unverfroren taktile Hilfen (wozu ein stabiler Seezaun auch taugen kann) in Anspruch nahm, und er, nachdem die unmittelbare Gefahr gebannt war, seinen angestammten Platz an der Pinne wieder einnahm.
Boot und Crew fanden zu seemännischem Verhalten zurück und Manana war weiterhin im Rennen. San San verzichtete auf Protestanmeldungen. Letztlich sucht San San Mitstreiter, Gegner und keine Opfer. Der Wind fand zu seiner ursprünglichen Stärke zurück. Als die ersten Boote sich der dritten Wendetonne näherten, war das Wetter nach wie vor diffus. Urplötzlich briste es erneut auf 0,8 bis 0,9 Beaufort auf, und die Rennleitung schickte das Feld erneut in die Kampfbahn. San San hatte sich nach dem Ereignis mit Manana mittlerweile wieder in eine aussichtsreiche vordere Position gekämpft. Nahezu während des ganzen Rennens sah sich die Crew von San San mit Vermutungen konfrontiert, sie habe die „Unterwassergenua“ eingesetzt. Nie und nimmer käme ein solch unsportliches Verhalten auf San San zum Einsatz.
Diese Behauptungen resultieren jedoch aus einer Unkenntnis, die es jetzt zu beseitigen gilt: Das Steinhuder Meer unterliegt seit seiner Entstehungsgeschichte besonderen erdphysikalischen Besonderheiten. Infolge der sich diagonal über das nahezu gesamte Meer hinziehenden Deiben (wer es nicht weiß, einer bis 3,62 Meter tiefen Rinne) kommt es zu Ausgleichsvorgängen im Strömungsverlauf. Das Oberflächenwasser stürzt in diese Tiefen, was für den Skipper, der diese Vorgänge kennt, einen nutzbaren Mitstrom zur Folge hat. Die Crews der anderen Boote konnten infolge ihrer Unkenntnis dieser Strömungsverhältnisse das Heckwellenbild von San San nur unzureichend einschätzen. Unerhört, ja geradezu unglaublich, waren diese Vorwürfe eines unsportlichen Verhaltens. Ganz bestimmt nicht – zumal im gesamten Regattafeld es von Regelverstößen nur so… – na ja?.
Noch gar nicht erwähnt, jede vornehme Zurückhaltung wäre gerade hier auch vollkommen fehl am Platz, war wiederum das Verhalten vom Boot Rock ’n‘ Roll. Unmittelbar an der ersten Wendetonne kam es zum Einsatz einer Kampfschwimmerin. Sie versuchte San San am Voranstürmen zu hindern, wobei es ihr jedoch nahezu unmöglich war, über die Heckwelle an das Boot heranzukommen. Außerdem ließ sie sich durch spezifische – der Trick funktioniert unter Seglern fast immer – Gaben aus der Bordbar von ihrem Vorhaben abbringen.
Immer wieder staunte die Crew von San San über das enorme Geschwindigkeitspotential ihrer „Rennziege“! Wie sah es auf den anderen Booten aus? Wie verhielten die Crews sich? Bezüglich des zu beobachtenden enormen Vorankommens von San San schienen sie vollkommen verunsichert zu sein. Letztlich aber, und im Vorausahnen der eigenen Niederlage, entscheidet sich gerade hier das sportliche Verhalten. („Der Neid ist halt überall grün, und hässlich die menschliche Niedertracht“, Zitat aus dem Seeräuberreport). Der Skipper Hartwig hatte als Vorschoter einen jungen unerfahrenen Nachwuchssailor extra aus der Regattaszene von Hamburg dabei. Dieser Youngster fiel besonders durch vorwurfsvolle Unterstellungen auf. Der Jugend sei’s verziehen. Schließlich ist das Leben eine besondere, manchmal auch harte Schule. Der Skipper wie auch die Crew der San San konnten natürlich auf ihren nahezu unendlichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Einem solchen Team ist der Sieg schwerlich zu nehmen. Nicht nur diese Tatsache trug letztlich dann zum wohlerkämpften Sieg von San San bei! Nein, auch noch hilfreich war die Kenntnis, dass man, wenn man im Ostenmeer aus dem Einfluss der Nienburger Berge herauskommt, das schmale Band eines venturiunterstützten Windstriches nutzen kann. Diese zeitweise orkanartig blasende „Nino“ ist nicht zu unterschätzen. Auch diese „Power“ half mit, dass San San wohlverdient über die Ziellinie schießen konnte. Der Sieg war erkämpft, San San hatte nach etwas mehr als zwei Stunden seinen ersten Regattasieg im langen Bootsleben eingefahren. Die endgültige Wertung hielt sich zu diesem Zeitpunkt noch bedeckt. Die Anrechnung der Yardstickzahlen war und ist schon oft für eine Überraschung gut. Besonderes Lob, große Anerkennung und tausendfacher Dank bezüglich der unermesslich großen Tagesleistung der Wettkampfleitung sei an dieser Stelle noch einmal aufgezeigt. Unermüdlich war sie bei dieser ermüdenden Windlage auf der Regattastrecke unterwegs, um aber auch jede, und sei es eine auch noch so kleine Übertretung der Regattaregeln schon im Keime zu erkennen und zu ahnden. Welches Boot würde da versuchen Regatttaregeln großzügig auszulegen? San San bestimmt nicht! Es wäre bei diesem Boot auch vollkommen überflüssig. Das Rennen kam in seine Endphase. Die Mannschaften auf den anderen Booten kämpften verbissen und wie die Löwen. Aber es kann halt immer nur einer gewinnen, und „DABEISEIN“ ist doch auch schon Erfüllung genug! Besonders die Regattaleitung gab zu allen Zeiten ihr „Bestes“.
Selten konnte man solch unermüdliches Schaffen beobachten. Wer mit solch großem Engagement als Vorbild vorauseilt, und wer mit viel „Herzblut“ so bei der Sache ist, der generiert große Emotionen. Während des Abschlussfestes und bei der Siegerehrung kam dies besonders zum Ausdruck. Auf unserer wunderschönen Terrasse konnte die Rennleitung schließlich den so begehrten Wanderpokal an den Sieger, die „San San“, überreichen.
Die mühevolle Arbeit und das harte Training in der Vorperiode zum Regattatermin hatten sich ausgezahlt. Boot, Skipper und Crew nahmen dankbar den so begehrten Wanderpokal in Empfang.
Die Crew von San San wird sich eine Woche der Ruhe und der Entspannung gönnen. Schon ab dem nächsten Wochenende wird sie ihren Trainingsbetrieb erneut aufnehmen, um im nächsten Jahr auch wieder ganz vorne mitfahren zu können.
Gaudeamus igitur!
Es war halt doch ein schönes Fest!
Alle wieder voll (dabei) gewest! ( Zitat aus dem Studentenlied „Zwerg Perkeo“)
Skipper von San San, Fotograf und Verfasser dieser Zeilen