Samstagmorgen, das gemeinsame Frühstück in unserem Seglerhaus war lecker. Draußen locken milde Temperaturen und 5 Bft aus Südwest. Schnell ist unsere Laserflotte aufgebaut zum gemeinschaftlichen Gleiten. Ich wage mich auf den Vago. Mit 150 kg empfohlenem Crewgewicht zwar eher ein Jugendboot, aber egal, das machen wir mit Jugendlichkeit wieder wett. Schon auf dem Weg aus der Boxengasse hängt der Vorschoter im Trapez. Die ersten Wenden klappen gut, das Boot macht Höhe. Als Katsegler wundere ich mich zwar ein wenig über den langsamen Amwindkurs, auf Raumwind soll es dafür abgehen. Stimmt, auch wenn man das Gefühl hat auf einer Rasierklinge zu reiten. Und jetzt Halse – verdammt. Warum nochmal ist das Boot so kippelig? Dafür ist es schnell wieder aufgerichtet. Weiter geht’s, gleiten, halsen, aufrichten. Mein Vorschoter trägt’s mit Fassung und ich wünsche mir eine etwas kippstabilere Gleitjolle.
Das zweite Aufrichten gestaltet sich unerwartet schwierig. Schließlich wird klar: Wir haben einen Inspektionsdeckel verloren und in unserem Rumpf ist nun ein handtellergroßes Loch, durch das mehr und mehr Wasser hineinströmt. Das Wasser schwappt im Rumpf hin und her und macht es ziemlich unmöglich, das Boot im aufgerichteten Zustand zu halten. Kurz: Wir saufen ab.
Etwas ärgerlich, aber nicht so schlimm, denken wir, während das Boot langsam immer voller läuft. Schließlich ist das Steinhuder Meer nicht sehr tief, wir sind gar nicht so weit weg von zuhause (etwas westlich von der östlichen Ecke vom Surfgebiet) und um uns herum ist viel los, es ist ein typischer, sonniger Augustsonntag.
Leider reagiert aber niemand auf unser Winken und kommt mal vorbei, um zu fragen, ob alles in Ordnung ist, oder um seine Hilfe anzubieten. Ein Mensch surft sogar um Haaresbreite an uns vorbei, ohne uns (ein halb untergegangenes Boot und zwei Menschen im Wasser) eines Blickes zu würdigen.
Wir haben Glück, dass das Wasser so warm ist, sonst wären wir längst unterkühlt, als wir endlich ein R-Boot auf uns aufmerksam machen können. Ein einhand segelnder älterer Mann folgt unserem Winken und kommt auf uns zu. Mit Bedacht, aber sehr sorgfältig bringt er einen Fender an einer Schleppleine aus und zieht ein paar Kreise um uns, bis er endlich nah genug an uns ist und wir seine Leine zu fassen bekommen. So schleppt er uns beide und unseren gekenterten Vago in Richtung Heimatsteg. Trotz aller Kniffe, die er auspackt, läuft das Boot mit uns als Schleppanker eigentlich keine Höhe, sondern nur einen tiefen, raumen Kurs. Immerhin schaffen wir es dank seiner Bemühungen bis wenige hundert Meter vor unseren Steg, als wir uns während einer Schauerbö von ihm trennen und schließlich dankend verabschieden, um nicht im Naturschutzgebiet zu landen. Hier können Teile der Crew auf Zehenspitzen stehen, wenn gerade ein Wellental da ist.
Glücklicherweise kommt uns nun Astrid unter Maschine zur Hilfe. Unser langes Fernbleiben führte schließlich doch noch zu Verwunderung und Sorge.
Der Einsatz der Maschine finden wir mehr als gerechtfertigt, schließlich fehlt bei der ganzen Aktion von der Wasserrettung jede Spur und wir sind mittlerweile seit über einer Stunde im Wasser.
Gemeinschaftlich versuchen wir die richtige Dosis am Gashebel zu finden. Schließlich schieben wir unser U-Boot am Stegkopf vorbei zur Sliprampe, wo das Wasser endlich springbrunnenartig aus dem Rumpf entweichen kann.
Die Moral von der Geschicht‘: Inspektionsdeckel überprüfen. Man kann sich selbst unter idealen Umständen leider nicht darauf verlassen, dass Hilfe kommt, wenn man gekentert im Wasser treibt. Wer also jemanden im Wasser liegen sieht, darf ruhig mal hinfahren und fragen, ob noch alles in Ordnung ist. Übrigens: Vom Anruf bei der Feuerwehr bis zum Eintreffen der Wasserrettung bei einem Kiter später am selben Tag können sehr gut 25 Minuten vergehen. Das finden wir etwas lang. Daher wünschen wir uns vom Weihnachtsmann einen Elektromotor, damit wir Hilfesuchende schnell unterstützen können.